Dieses verdammte weiße Blatt! Wenn du regelmäßig Texte schreibst, kennst du dieses Gefühl: Der Anfang ist das Schwierigste. Wie fängst du deinen Text am besten an?
Von der Einleitung deines Blog-Artikels hängt viel ab: In den ersten Zeilen entscheidet sich, ob Lesende weiterlesen und mit welcher Erwartung – oder ob sie gleich gelangweilt oder enttäuscht wieder umkehren.
Wie schreibst du spitzenmäßige Einleitungen, ohne stundenlang daran herumzutüfteln? Zwei Dinge musst du dafür beherrschen: Erstens musst du deiner Leserschaft genau kennen, und zweitens verwende ich ein total simples System.
In diesem Artikel erkläre ich beides.
Die Funktion der Einleitung
Wie lang, wie kurz? Mit einer Geschichte starten oder gleich zum Punkt kommen? Die Meinungen, wie eine Einleitung für Blog-Artikel aussehen soll, gehen auseinander.
Eines ist klar: Die Aufmerksamkeit von Online-Nutzenden ist schwer zu bekommen, und sie ist schnell wieder weg. Laut einer Studie verbringen 55 Prozent weniger als 15 Sekunden auf einer Website. (Die Studie ist von 2014; es dürfte sich seitdem nicht verbessert haben.)
Die Überschrift und die ersten Zeilen eines Artikels sind das erste, was jemand auf einer Webseite sieht. Danach fällt die Entscheidung: weiterlesen oder gehen.
Die Einleitung eines Blog-Artikels hat deshalb genau eine Funktion: Den Lesenden etwas zu präsentieren, was sie sofort interessiert und was ihre Aufmerksamkeit sofort fesselt. Während sie die ersten Zeilen lesen, müssen sie denken:
„Jawohl! Das ist genau, was ich gesucht habe.“ – „Das ist genau das Problem, das ich habe.“ – „Das scheint wie für mich geschrieben.“
Wie lange sollte die Einleitung sein?
Behalte das im Sinn. Die Einleitung ist kein Ort, um dich selbst zu verwirklichen und lange Geschichten zu erzählen. Die Einleitung sollte kurz sein. Warum? Den Moment, wenn du die Aufmerksamkeit der Lesenden geweckt hast, solltest du nutzen: nämlich um sie direkt in den Artikel hineinzuziehen. Steige deshalb möglichst schnell in den ersten Hauptpunkt des Artikels ein – liefere sofort einen Nutzen. Machst du erst große inhaltliche Umwege, verlieren die Lesenden vielleicht das Interesse wieder, bevor es ans Eingemachte geht.
Das gilt umso mehr, je mehr Menschen deine Website mobil besuchen, mit einem Smartphone. Auf dem Bildschirm hat nicht viel Text Platz. Eine lange Einleitung bedeutet, dass Nutzende lange scrollen müssen, um zum Hauptinhalt zu kommen.
Meine persönliche Faustregel: rund 7 Sätze sind für eine Einleitung völlig ausreichend. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Fallbeispiel
Ich werde nachfolgend einen Artikel zum Thema „Customer Experience im E-Commerce“ als Beispiel heranziehen, um meine Vorgehensweise zu erklären. Diesen Artikel sollte ich für ein Unternehmen aus der Software-Branche schreiben.
Den Job gab ich einer Text-Trainee als Übung – eine schwierige Übung, zugegeben. Lies dir einmal die Einleitung durch, die sie schrieb:
Eigentlich okay, oder? Es fällt nichts wirklich Schlechtes ins Auge: ein interessanter Fakt zum Einstieg; alle Aussagen sind sinnvoll und stimmen; nicht zu lang. So fangen tausende Blog-Artikel an.
Wenn ich den Text allerdings aus der Lesenden-Perspektive analysiere, fällt mir folgendes auf: Ich erfahre in dieser Einleitung weder warum ich diesen Artikel lesen sollte, noch was ich erfahren werde und welchen Nutzen ich davon habe. Ich wüsste erst im Laufe des Artikels, ob er sich an Menschen wie mich richtet und meine Fragen beantwortet.
Es klingt hart, doch im Grunde ist diese Einleitung verschenkter Platz. Sie trägt kaum etwas dazu bei, die Aufmerksamkeit zu fesseln; sie hört sich eher wie der Beginn einer theoretischen Abhandlung zum Thema an.
Natürlich könnte man diesen Text so einreichen – doch man hätte eine Menge Potenzial verschenkt.
Schreibe für eine spezielle Zielgruppe
Dieses oben beschriebene „Wie für mich geschrieben“-Gefühl – wie löst du das in einer Einleitung aus?
Es gibt einen Grund, warum Menschen auf deinem Blog-Artikel landen. Offensichtlich haben sie ein Problem, für das sie eine Lösung suchen. Je dringender und aktueller das Problem, desto höher das Interesse.
Genau dieses Problem musst du in den ersten Sätzen ansprechen. Welches Problem das ist, ist nicht immer eindeutig. Schließlich kann die Motivation, sich über ein Thema zu informieren, ganz unterschiedlich sein, oder oftmals schwer herauszubekommen und zu verstehen sein.
Zum Verständnis: Wenn ich von einem Problem rede, kann damit auch eine Frage gemeint sein, zu der Menschen noch keine Antwort kennen; oder ein Ziel, das sie erreichen möchten und wofür sie sich Unterstützung erhoffen (sozusagen ein positives Problem).
Welches Problem haben Menschen, die nach „ecommerce experience“ oder ähnlichem googeln und den Artikel lesen – siehe mein Fallbeispiel? Nicht so einfach zu beantworten.
Deshalb stelle ich meinen Kund*innen Fragen wie diese, bevor ich einen Artikel schreibe:
- An wen genau richtet sich der Artikel? (Ich arbeite gerne mit Customer-Personas.)
- Welchen Bezug hat die Customer-Persona zu dem Thema?
- Was treibt sie dazu, nach diesem Thema zu suchen? Welche Probleme, Ziele oder Aufgaben hat sie?
- Gibt es aktuelle Entwicklungen oder Trends, die das Thema besonders dringend machen?
- Was erwartet die Customer-Persona von einem Artikel zu diesem Thema? Welchen Nutzen hat sie davon?
Der Knackpunkt ist also, sich für eine spezielle Zielgruppe oder eine Persona zu entscheiden und für ein Problem, dieses zu analysieren und dann für deine Einleitung zu verwenden.
Wenn du freier Texter oder freie Texterin bist, sprich darüber mit deinen Auftraggebenden. Wenn du für dein Unternehmen schreibst, interviewe jemanden aus dem Vertrieb oder ein oder zwei Kund*innen.
Was, wenn du Zielgruppen mit unterschiedlichen Problemen zur Auswahl hast, die nicht zusammenpassen? Je mehr unterschiedliche Zielgruppen du ansprechen möchtest, desto allgemeiner und damit uninteressanter für die Einzelnen wird deine Einleitung.
Es gibt zwei Optionen: Du kannst dich für die Zielgruppe entscheiden, die vermutlich den Großteil deiner Leserschaft ausmachen wird. Oder du entscheidest dich für die Zielgruppe, die für dich (oder für deine Auftraggebenden) attraktiver ist.
Zum Beispiel könnte ich den Artikel zur „Customer Experience im E-Commerce“ an Menschen in Marketing und Vertrieb richten, oder an Führungskräfte in der IT, oder an Studierende. In diesem Fall entschieden wir uns für das Marketing.
Okay, nun hast du eine Zielgruppe ausgewählt und deren Probleme analysiert. Was machst du jetzt damit, damit du nicht wieder ewig an der Einleitung herummachen und 20 verschiedene Versionen ausprobieren musst?
3-teilige Einleitung: Zustimmung, Versprechen, Ausblick
Ehre, wem Ehre gebührt: Ich habe diese Methode nicht selbst entwickelt, sondern vor Jahren bei Brian Dean von Backlinko abgeschaut. Leider ist sie nicht annähernd so bekannt, wie sie sein sollte, weshalb ich sie dir näherbringen möchte.
Mit dieser genialen Methode kannst du superklasse Einleitungen in wenigen Minuten schreiben; und zwar immer wieder. Sie basiert darauf, dass du jede Einleitung aus drei Teilen aufbaust:
- Zustimmung
- Nutzenversprechen
- Ausblick
Zustimmung: Zuerst machst du eine Aussage, der die Lesenden (deine Customer-Persona) auf jeden Fall zustimmen wird. Hier sprichst du am besten das Problem, das Ziel oder die Frage an, die du identifiziert hast.
Nutzenversprechen: Als Nächstes versprichst du den Lesenden einen Nutzen, wenn sie deinen Artikel lesen oder den Inhalt deines Artikels umsetzen.
Ausblick: Zuletzt gibst du einen Ausblick, was der Artikel enthält, also auf welche Weise du den versprochenen Nutzen liefern wirst. Erwähne zwei bis drei wichtige Aspekte aus dem Artikel; du kannst sie auch als Fragen formulieren.
Klingt noch theoretisch?
Schauen wir uns die Einleitung an, die ich letztlich für den Artikel zu „Customer Experience im E-Commerce“ geschrieben habe:
Erkennst du die drei Teile? Ich gehe nochmals für dich ins Detail:
Zustimmung: Hier spreche ich ein (in den betreffenden Branchen) dringendes Problem an:
Sprechen diese Sätze wirklich ein Problem an? Für Online-Händler ist es doch super, wenn jetzt alle online einkaufen!
Ja, natürlich. Daran siehst du, dass ich hier für eine spezielle Zielgruppe geschrieben habe: nämlich nicht für reine E-Commerce-Händler, sondern hauptsächlich für Unternehmen mit stationären Geschäften, die ihre Online-Shops bisher eher stiefmütterlich behandelt haben. Die haben jetzt das Problem, das sie ihre Stammkundschaft an Amazon, Zalando und Co. verlieren – und müssen nun dringend an der Customer-Experience in ihren E-Commerce-Kanälen arbeiten.
Hätten wir uns mit dem Artikel an reine Online-Unternehmen gerichtet, würde die Einleitung anders lauten.
Nutzenversprechen: Hier zeige ich, was Marketer*innen erreichen können, wenn sie die Customer Experience in ihren Online-Shops verbessern:
Unternehmen können Ihre Kunden begeistern und an sich binden, und sich im Wettbewerb behaupten.
Ausblick: Hier nenne ich einige Punkte, die die Lesenden lernen werden und die ihnen helfen werden, das Thema erfolgreich anzugehen:
Die Einleitung schreiben
Wie schreibst du so eine Einleitung?
Ganz einfach: Du machst drei Listenpunkte und füllst sie jeweils mit den Gedanken zu den drei Teilen aus – danach machst du grammatikalisch korrekt Sätze daraus: fertig.
Mehr brauchts nicht.
Wenn du 1,2 oder 3 Sätze pro Punkt schreibst, bleibst du genau innerhalb meiner empfohlenen Länge von rund 7 Sätzen.
Praxistipp: Ich schreibe die Einleitung oft zum Schluss. Dann weiß ich genau, was im Artikel vorkommt, und kann die Einleitung darauf zuschneiden. (Manchmal bekommt ein Artikel eine etwas andere Richtung als gedacht, während ich schreibe. Steht die Einleitung dann schon, muss ich sie ändern.)
Funktioniert die Methode immer?
Funktioniert das wirklich bei Blog-Artikeln zu jedem Thema?
Sicher.
Hier zwei weitere Beispiele:
Ein Artikel darüber, wie Personalabteilungen ihre Prozesse schrittweise digitalisieren können, für ein Kundenunternehmen:
Ein anderer Artikel darüber, wie Texter*innen ihre Stundensätze berechnen können, aus meinem Blog:
Eine Methode, kein Gesetz
Ich habe bewusst diese Beispiele gewählt, um dir eines zu zeigen: Das System ist flexibel; die Einleitung muss nicht aus drei gleichen Teilen bestehen; du kannst kreativ sein; du kannst die drei Teile etwas vermischen; du kannst auch implizite Aussagen machen. Hauptsache ist, dass die Botschaft rüberkommt: „Hey, durch diese Artikel kannst du ein dringendes Problem lösen!“
Wenn du durch meinen Blog stöberst, wirst du feststellen, dass ich nicht alle Einleitungen nach dieser Methode schreibe. Manchmal fällt mir spontan ein guter Einstieg in den Artikel ein und dann nehme ich den.
Manchmal wird die Einleitung ein wenig länger und ist trotzdem spannend – das funktioniert, weil ich meine Zielgruppe kenne und weiß, womit ich sie packen kann. Ein System soll mich unterstützen und nicht einengen.
Hier findest du weitere Tipps für großartige B2B-Texte.
Es gibt verschiedene Wege, tolle Einleitungen zu schreiben. Die obigen Beispiele sind keine Meisterleistungen; man könnte sie sicher anders und noch schöner machen.
Doch sofern du nicht nur für dich als persönliches Hobby textest, musst du effizient arbeiten. Du kannst nicht ewig an Kleinigkeiten herumfeilen – irgendjemand muss deine Arbeit bezahlen.
Und genau da kommt die Stärke dieser dreiteiligen Einleitungen ins Spiel:
Mit etwas Übung und Zielgruppenwissen hast du sie in 5 Minuten geschrieben und sie erfüllen perfekt ihre Funktion: nämlich die Aufmerksamkeit von Besuchenden innerhalb von Sekunden zu fesseln und sie zu motivieren, den ganzen Artikel zu lesen.
Hier findest du viele weitere Tipps, wie du bessere Blog-Artikel schreibst.
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